Wer heute noch eine Bank ausraubt, ist von gestern

Wer heute noch eine Bank ausraubt, ist von gestern

26.02.2015 in Jura & Lehre

Impressionen vom 3. Amtsanwalts-Symposium an der FH für Rechtspflege NRW

Es war ein spannender Vortragstag heute an meiner FH! Nach der Begrüßung durch Direktor Dr. Limbach und dem anschließenden Grußwort des NRW-Justizministers Kutschaty durften die rund 300 geladenen Gäste in der Aula der Fachhochschule gleich auf den ersten Referenten und sein Thema gespannt sein…

 

Cyberkriminalität aus der Sicht des Bundeskriminalamtes

Referent: Präsident des Bundeskriminalamtes a.D. Jörg Ziercke

2013-09-14_BKA-Praesident_Joerg_ZierckeIn seinem Vortrag präsentierte Ziercke beeindruckende und zugleich erschreckende Szenarien der organisierten Internetkriminalität. Diese reichten von eBay-Betrug über Schutzgelderpressungen bis hin zu umfangreicher Wirtschaftsspionage. Er erläuterte sehr anschaulich die Funktionsweise eines typischen Man-in-the-Middle-Angriffs im Kontext von Online-Banking. Vielen im Auditorium wurde merklich unwohl bei der Erkenntnis, wie angreifbar jeder Einzelne in seiner alltäglichen Computernutzung ist. Führende deutsche Unternehmen würden Unsummen in ihre IT-Sicherheit investieren, so Ziercke. Dabei habe man das Gefühl, Mauern immer höher bauen zu müssen, während die organisierte Kriminalität ihre Leitern ständig verlängerten, um diese zu überwinden. Die Publikumsfrage, wie es denn um die Sicherheit der Justiz bestellt sei, wenn sie die elektronische Akte einführe – beantwortete Ziercke sehr deutlich: „Das Ihre neuen Systeme irgendwann angegriffen werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Also kümmern Sie sich um deren Sicherheit und zwar gründlich! “

 

Cyberkriminalität aus der Sicht der Staatsanwaltschaft

Referentinnen: Generalstaatsanwältin Elisabeth Auchter-Mainz und Oberstaatsanwältin Eva Bartholomy, Köln

Cybercrime word cloud concept. Vector illustrationMit einleitenden Worten skizzierte die Kölner Generalstaatsanwältin Auchter-Mainz Vorgeschichte und Gründung der erst Anfang 2014 eingerichteten Zentralstelle und Ansprechpartner Cybercrime (ZAC) Köln und übergab dann das Wort an deren Leiterin, Oberstaatsanwältin Bartholomy. In einem sehr engagierten Vortrag beschrieb diese die Aufgaben der ZAC. Diese bestehen zum einen in der Bekämpfung der Cyberkriminalität für den Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Köln. Zum anderen ist sie Ansprechpartner der spezialisierten Polizeidienststellen auf Landes- und Bundesebene für herausgehobene Ermittlungsverfahren. In besonderen Fällen führt sie die Ermittlungen bis zu deren Abschluss sogar selbst. Die ZAC ist zudem Ansprechpartner für grundsätzliche verfahrensunabhängige Fragestellungen und steht als Kontaktstelle für die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Wirtschaft zur Verfügung, soweit dies mit ihrer Aufgabe als Strafverfolgungsbehörde vereinbar ist. Bartholomy vermittelte am Beispiel ausgewählter aktueller Verfahren einen interessanten Einblick in ihre Arbeit im Allgemeinen, aber auch in besondere ermittlungstaktische Strategien ihrer Behörde. Sie betonte die Notwendigkeit von persönlichen Kontakten, von vertrauensbildenden Maßnahmen, aber auch von Schnelligkeit in der internationalen Zusammenarbeit, da Cyberkriminalität keine Ländergrenzen kenne und die Beweislagen immer sehr „flüchtig“ seien. Im Internet habe man es bei den großen Verbrechen von heute mit arbeitsteilig und weltweit organisierter Kriminalität zu tun. „Wer heute noch eine Bank ausraubt, ist von gestern.“

Link: Infoblatt zur ZAC Köln

 

Unfallursache Krankheit/Alter – Medizinische Aspekte

Referent: Prof. Dr. med. Thomas Riepert, stellvertretender Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, Uni Mainz

RiepertAn trockenem Humor ließ es Rechtsmediziner Riepert nicht mangeln, als er das Auditorium auf die Themen Alter und Altern einstimmte. Entsprechend heiter begann sein Einstieg in eine Materie, die nach seinen Worten „gleich nicht mehr so lustig“ werden würde. Dennoch konnte man sich den ein oder anderen Lacher bei seinen Ausführungen über den Unterschied zwischen chronologischem und biologischem Alter oder den typischen Erkennungsmerkmalen von Dreißig-, Vierzig- und Sechzigjährigen nicht verkneifen. Ernster wurde es dann schließlich doch bei seiner Darstellung der Relevanz von Demenzerkrankungen oder Anfallsleiden als Ursache von Unfällen im Straßenverkehr. Mit Blick auf den demographischen Wandel müsse man nicht viel Phantasie haben, um zu prognostizieren, dass diese Relevanz weiter steige, so Riepert. Auf die Frage aus dem Publikum, ob er denn für eine gesetzliche Regelung zur Entziehung der Fahrerlaubnis für Alte sei, antwortete er: „Darüber muss man diskutieren. Ich habe hier keine Patentlösung. Problematisch bei der Freiwilligkeit zur Führerscheinabgabe sind jedoch die Fälle, in denen es krankheitsbedingt an der Einsichtsfähigkeit eines Verkehrsteilnehmers in seine Verkehrsuntauglichkeit fehlt.“

 

Unfallursache Krankheit/Alter – Beweisprobleme und Beweismittelsicherung

Referentin: Amtsanwältin Maria Focken, Staatsanwaltschaft Hamburg

Driver Suffering From Whiplash After Traffic CollisionAus der Ermittlerperspektive und damit auch für die im Auditorium zahlreich vertretenen Studierenden der aktuellen  Amtsanwaltslehrgänge an der FH besonders interessant, da es den Kern ihres künftigen Arbeitsgebiets betraf, beschrieb Amtsanwältin Focken anschaulich eigene Fälle aus der Praxis, in denen Krankheit oder Alter Ursache von Verkehrsunfällen waren. Dabei seien diese Ursachen auf den ersten Blick gerade nicht zu erkennen gewesen. Es bedürfe schon einer gewissen Sensibilität für das Thema – auch bei den vor Ort den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten. Ihre engagierte und empathische Darstellung der Unfallbeispiele sowie die Schilderung der jeweiligen Beweisproblematiken waren zuweilen von großer Emotionalität geprägt. Focken fand aber immer zur Sachlichkeit zurück. So präsentierte sie eine Checkliste ihrer Vorgehensweise bei der Beweismittelsicherung, die für einen angehenden Amtsanwalt eine praktische Orientierungshilfe sein kann.

 

Die Vorträge und Vortragenden haben mit Sicherheit nicht nur mich beeindruckt, so verschieden die Themen und die Vortragsweisen auch waren. Dieses 3. Amtsanwalts-Symposium war eine rundum bemerkenswerte Veranstaltung und man darf schon auf das nächste Symposium 2017 gespannt sein!

 

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